Jahresbeginngedanken

29. Dezember 2020

Liebes SPD-Mitglied, liebe SPD-Freundin und lieber SPD-Freund,

ist es für dich auch schwer, mit Erwartungen umzugehen, die in dich gesetzt werden? So ganz alltägliche Sachen werden damit zur Herausforderung. Manchmal hat man das Gefühl, eine eigene Steigerung ist schwer machbar. Und am Ende beurteilt jemand anders, ob die Erwartung erfüllt oder enttäuscht wurde… Mir fällt es immer schwerer, ganz neue, andere Lösungen oder Ideen zu präsentieren. Manchmal würde ich gerne den ‚Reset-Knopf‘ drücken…

Was sollen diese Gedanken hier, in meinem traditionellen Weihnachtsbrief als OV-Vorsitzende, der dich tatsächlich erst nach Weihnachten erreicht, weil ich angefangen, geändert, geschoben, wieder geschrieben, verworfen, geschrieben, verworfen und dann entschieden habe, nun endlich fertig damit zu werden… Was haben Erwartungen nun mit dieser schwierigen Zeit in dem vergangenen schwierigen Jahr zu suchen, das nun zu Ende gegangen ist?

Ein Erklärungsversuch: Ich habe meiner 87-jährigen Mutter im Advent jeden Tag eine Postkarte nach Aachen geschickt. Unter dem Motto „Du bist nicht allein“ habe ich nur kurze Gedanken formuliert: „An was erinnere ich mich gerne?“, „Darüber haben wir uns früher mal gemeinsam vor Lachen ausgeschüttelt!“ „Das würde ich gerne mal wieder mit dir machen!“, „Geht es dir gut?“, „Wann hast du das letzte Mal an dich gedacht?“ und so weiter. 24 Karten, 24 Gedanken oder Wünsche. Und dann sagt sie mir am Telefon, dass ich mir so viel Mühe gebe, immer eine schöne Botschaft zu vermitteln. Und bums, schon ist die Erwartung da! Und die nächste Karte fällt viel schwerer, weil – hoffentlich – gelingt es mir, wieder eine ‚schöne Botschaft‘ weiterzugeben…

Genauso geht es mir ein bisschen mit diesem „Weihnachtsbrief“, der ein Neujahrsbrief wurde und auf den du natürlich schon aufgeregt wartest. Da geh ich jetzt mal wie selbstverständlich davon aus :)

Liebe Alle, ich habe in den letzten Jahren immer wieder Komplimente für meine „SPD-Weihnachtsbotschaft“ von euch bekommen – und nun überlege ich, was ihr nach diesem Jahr 2020 erwartet: Jammern, Regierung loben, auf Verschwörungstheoretiker schimpfen, Hoffnung fürs neue Jahr formulieren? Nach einem solchen beispiellosen Jahr ist eine ‚schöne Botschaft‘ schwierig, denn wir leiden alle, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art, unter den Corona-bedingten Einschränkungen und -Folgen.

Die einen konnten nicht wie gewohnt ihren Urlaub machen, andere in unserer Umgebung sind besonders belastet, weil sie neben ihrem Job im Homeoffice ihre Kinder betreuen mussten. Uns allen fehlen aber auch die sozialen Kontakte, zum Beispiel die wöchentliche Kaffee-Stunde mit Freundinnen, der Stammtisch oder die Yoga-Kurse, das gemeinsame Essen im Lokal unserer Wahl oder der Besuch von Konzert, Kabarett und Kino. Auch gibt es diejenigen, die in Kurzarbeit sind oder tatsächlich um ihre Existenz bangen, weil sie kein geregeltes Einkommen mehr haben. Ihr erlebt diese oder noch andere Nöte vielleicht auch in eurem Familien- oder Freundeskreis. Und möglicherweise kennt ihr auch Menschen, die an Covid 19 erkrankt sind und die sich vielleicht nur schwer davon erholen. Ich meine, wir sind dafür verantwortlich, die am meisten Gefährdeten so gut wie möglich zu schützen.

Wer ist denn ‚wir‘? Jeder von uns. Tatsächlich beginnt die Rücksicht ja schon in der Familie – besonders haben das einige von uns beim vergangenen Weihnachtsfest gespürt, als die Großeltern allein blieben oder die erwachsenen Kinder mit ihren Familien nicht zum traditionellen Weihnachtsessen kommen konnten. Auch das traditionelle gemeinsame Glas Sekt mit lieben Freunden oder in der Nachbarschaft in der Silvesternacht war gestrichen. Weihnachtsfeiern in den Betrieben und Vereinen fielen aus, unbekümmertes gemeinsames Kochen mit guten Freunden, Geburtstagsfeiern, aber auch die Auseinandersetzung über politische und gesellschaftliche Fragen in unserem Ortsverein – all dies findet derzeit nicht statt. 'Wir' sind aber auch diejenigen, die für ihre Ziele auf die Straße gehen und das Demonstrationsrecht wahrnehmen. Das ist richtig und legitim – mit Abstand und Maske!

Dass die SPD in dieser Zeit mitregiert in der ungeliebten GroKo kann uns – nach meinem Dafürhalten – dankbar machen. Auch wenn nicht alles optimal für Jeden und Jede verläuft. Vieles ist verbesserungsfähig. Beispiel: Bezahlung der Pflegekräfte, die Situation in den Schulen und die Möglichkeiten des digitalen Unterrichts für die Kinder und Jugendlichen, die Existenzbedrohung für Alle in der Kulturwirtschaft, einsame Menschen, die geschützt werden sollen, aber massiv unter dem Social Distancing leiden, die in die zweite Reihe geschobene Klimadebatte und viele Beispiele mehr. Leider geht es aber in der Politik und der Demokratie immer um Kompromisse, die einzugehen sind. Ich fürchte trotzdem, in jeder anderen politischen Regierungskonstellation würde ein anderer, schwer zu akzeptierender Wind wehen.

Und nun kommt dieses neue Jahr 2021 daher und viele haben hohe Erwartungen und versprechen sich Verbesserungen: Impfung, anschließende Normalität, Gesundheit. Mein größter Wunsch für 2021 ist, dass die Menschen, die momentan skeptisch und voller Misstrauen den Corona-bedingten Maßnahmen gegenüber stehen, positivere Gedanken entwickeln und sich deutlicher von den Verschwörungstheoretikern und den rechten Hetzern distanzieren. Jede Perspektive ist wichtig, aber unsäglich sind die Parolen der Nazis. Wie perfide sind deren Vergleiche der jetzigen Regierung mit der Nazidiktatur, Vergleiche mit Sophie Scholl oder Anne Frank? Ganz ehrlich: Mir macht das Angst und es macht sprachlos!

2021 wird für uns alle ein wichtiges Jahr, denn am 26. September wird der neue Bundestag gewählt. Bleiben wir zuversichtlich, dass die SPD entschieden besser abschneidet, als es die Umfragen derzeit spiegeln. Lasst uns gemeinsam alles dafür tun.

Ich wünsche nun uns allen, dass wir uns in 2021 wieder unbeschwert treffen, wir planen und diskutieren können. Und ich freue mich auf eure Ideen, Impulse und die gemeinsamen Aktionen, egal ob online oder präsent.

Euch ganz persönlich wünsche ich Gesundheit, Gelassenheit und Glück. Bitte bleibt der SPD treu

Herzliche Grüße

Hildegard

Teilen