Kein Stuhl war mehr frei, als der der Politikwissenschaftler Lorenz Narku Laing bei einer Veranstaltung der SPD Petershausen zum Thema Rechtspopulismus mit Bezügen zur deutschen und europäischen Geschichte sowie persönlichen Erlebnissen gut nachvollziehbar belegte, dass Angst vor Überfremdung keinerlei Grundlage hat, sondern von einigen konservativen Kräften geschürt und vor allem in den sozialen Medien von rechts-orientierten Menschen verbreitet wird. Der Sohn eines Jamaikaners und einer Ghanaerin erlebt alltäglich Diskriminierung. „In der Öffentlichkeit werden viele Tatsachen verzerrt wahrgenommen. So gibt es keinen Nachweis, dass ein Migrationshintergrund krimineller macht. Die wichtigeren Faktoren von sozialer Lage bis hin zur Altersdynamik werden als erklärende Faktoren in der Öffentlichkeit übergangen. Auch das bei rechten Demonstrationen geforderte ‚Multikulti stoppen‘ ist bezüglich Überfremdung durch zu viele Muslime ungerechtfertigt, denn in Deutschland leben heute eine deutliche Mehrheit von Christen, ein weiter großer Anteil der Bürgerinnen und Bürger sind Atheisten und Agnostiker und nur ein kleiner Anteil setzen sich aus anderen Religionen zusammen. Eine Minderheit kann nicht überfremden. Außerdem kann ein Muslim genauso deutsch sein, wie alle anderen Menschen auch“, so der in Rhein-Main geborene und aufgewachsene 26-Jährige. Tatsächlich besteht Deutschland seit Beginn seiner Geschichte aus einer Vielzahl von eingewanderten Einflüssen, ob Römer, Türken oder dem Nordafrikaner und katholischen Kirchenvater Augustinus, aneinander anpassten und weiterentwickelten. „Wir haben kein Überfremdungsproblem, sondern ein Kommunikationsproblem“ sagte Laing. „Ich beobachte zum Beispiel die Filmindustrie: Ethnische Minderheiten kommen kaum in Filmen vor, und meist sind sie Antihelden oder Kriminelle. Sie werden nicht alltäglich sichtbar als Lehrer, Ärzte oder Polizisten und meist auch nicht ohne einen Akzent.“ Außerdem: Menschen mit Migrationshintergrund sind auch in Leitungspositionen in Politik und Wirtschaft unterrepräsentiert.
Alle, die in Deutschland und Europa in Frieden und Freiheit zusammenleben wollen, die keine Angst vor „Überfremdung“ haben, sondern neugierig und selbstbewusst auf das Neue zugehen, dürfen nicht weiter im Verborgenen leben. Sie müssen sich im Alltag sicht- und hörbar machen, zitierte der Referent die Autorin und Publizistin Dr. Carolin Emcke, die 2016 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt. In politischen Debatten muss „Differenzieren“ wieder gelernt werden. Alle, die jetzt noch beherrscht werden, sollen Anteil an der Demokratie erhalten. Dann hätten wir eine angstfreie Gesellschaft mit vielfältiger Kultur, in der sich jeder nach seiner Façon entwickeln kann.
Laing, der mit seiner besonders herzlichen und offenen Ausstrahlung während des gesamten Abends die volle Aufmerksamkeit der 50 Zuhörer hatte, darunter auch der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll, die SPD-Bezirkstagskandidatin Martina Tschirge, der erste Bürgermeister der Gemeinde Petershausen, Marcel Fath, und sein Stellvertreter Wolfgang Stadler sowie Gemeinderäte und Gäste aus anderen Gemeinden des Landkreises, zog am Ende die Quintessenz: „Deutschland wäre ohne Vielfalt ärmer!“